Anno 1985-1986

Im Januar 1985 wird im Revier die höchste Smog-Alarmstute ausgelöst, das bedeutet generelles Fahrverbot für nahezu alle. In Dortmund startet nach Berlin, Ludwigshafen und München das vierte Kabelpilotprojekt. Günter Wallraf präsentiert sein Buch “Ganz unten”, in dem er die Lebensumstände und Behandlung der Gastarbeiter anprangert. In Hohensyburg eröffnet ein weiteres Spielcasino in NRW, der Mindesteinsatz beträgt (noch) eine DM. Aber mit steigenden Einsätzen steigt auch schnell die Summe, die Vater Staat jährlich absahnen kann.

Die Vonderorter Schützen rüsten sich zu ihrem 60. Geburtstag, die Welheimer bereiten ihre 75 Jahr-Feier vor. Die Eigener Schützen zeigen sich auf der Jahreshauptversammlung mit den Leistungen ihres Vorstandes durchaus zufrieden und der Entlastung steht nichts im Wege. Als Vereinsmeister werden geehrt bei den Junioren Erich Weber (321 Ringe), Peter Vogel (300) und Michael Richter (299), bei den Senioren Henry Kräft (197), Robert Koch (191) und Bernhard Polnik (188). Der Vorstand berichtet über den Stand der Vorbereitungen zum Schützenfest im September, das besondere Beachtung verdient, weil die vierte Kompanie ihr 25jähriges Jubiläum und der Gesamtverein sein 65jähriges Bestehen würdevoll begehen wollen. Aus diesem Grunde hat uns auch der Ortsschützenbund die Ausrichtung des Bundesschützenfestes übertragen.

An zwei Wochenenden Anfang Mai feiert die “Vierte”, wie man es von ihr gewohnt ist. Im festlich geschmückten Saalbau Wittstamm laufen zwei tolle Abende ab mit Einblicken in Chronik und Geschichte des Bottroper (Eigener) Schützenwesens durch Frau Rosemarie Hillringhaus und den Vorsitzenden der Historischen Gesellschaft Bottrop Hanns Wilhelm Große-Wilde und mit einem ausgezeichneten Show Programm, das nicht nur die Mitglieder der Jubiläumskompanie in seinen Bann zieht. Wir nehmen dieses Fest zum Anlass einer Selbstdarstellung der “Vierten” durch ihren Kompaniechef (seit 1974) Herbert Preuthen.

Die letzte Übung zum Schützenfest – sprich Ausmarsch am 24. August – zeigt das Bataillon in erstaunlich guter Frühform. Vom Sammelpunkt beim Vorsitzenden Peter Neises marschiert das Bataillon mit Musik fast 100 m weiter zum Wohnhaus der Königin Gisela I. (Hausmann) und von dort aus auf die “Königswiese”, eine große Rasenfläche hinter dem Haus der Majestät Josef II. (Waßmuth), wo ein zünftiges und ausgiebiges Biwak stattfindet, an dem wohl keiner der Teilnehmer etwas auszusetzen hat. Einzig Leidtragende sind die Tannen im hinteren Teil der Wiese …

Auch über das Bundesschützenfest vom 7. bis 9. September gibt es nur Positives zu berichten. Schon vor fast 65 Jahren wurde der Ablauf festgelegt und hat sich in dieser Form auch bewährt, so dass Änderungen kaum notwendig werden. Am Samstag die Bundessitzung als Eröffnung, dann der Festgottesdienst in der St.-Pius-Kirche unter Mitwirkung des Kirchenchores der Liebfrauengemeinde, anschließend die Totenehrung auf dem Nordfriedhof. Dann die Überraschung auf dem neuen Festplatz an der Brömerstraße: Die schweren Transportfahrzeuge für das Zelt und die Vergnügungsgeschäfte haben in Verbindung mit dem Dauerregen den Festplatz in eine Schlammwüste verwandelt, also Hosenbeine hochziehen und durch, für die Männer relativ einfach. Dann der “weltliche” Teil im festlich geschmückten Zelt. “Zeltsprecher” Helmut Kleinmann besorgt die Conterence, Vorsitzender Peter Neises spricht die Ehrungen aus (Wanderschnüre und Verdienstorden) und die Majestäten Josef II. und Gisela I. verleihen die Königsorden. Nach dem “Großen Zapfenstreich” und einem Gastauftritt der Funkengarde der KG Stellkeswägg heißt es dann: “Parkett frei!” zuerst für den Throntanz und dann für die erwartungsvollen Gäste. Zu den Klängen der “Kurt-Kellner-Band” wird dann die Nacht lang und länger. Der Frühschoppen am Sonntagmorgen findet dennoch seine Freunde und trotz Nieselregens versammeln sich auch mittags viele Zuschauer am Berliner Platz, um die große Königsparade und den Festzug durch die Innenstadt zum Eigen zu verfolgen. Besonderen Beifall zollen die Zuschauer den Königspaaren, die alle in

weißen, von Schimmeln gezogenen Kutschen vorfahren und auch so am Festumzug teilnehmen.

Für die Eigener Schützen ergeben sich unterwegs zwei nette Überraschungen:

Roland Schulz, Mitglied der 3. Kompanie und z.Zt. Wirt der “Prosperstuben” hat am Zugweg einen ganzen Tisch frisch gezapfter Biere bereitgestellt. Soviel Zeit muss sein, also raus aus dem Glied, ein Bier und weitermarschiert. Jupp Schürmann, ebenfalls Mitglied der 3. Kompanie und Gastwirt, kommt auf eine ähnliche gute Idee und schickt seine Kellnerinnen mit Tabletts voller Klarer in die Marschkolonne. Wer kann da schon “Nein” sagen? Freundliche Menschen haben in der Zwischenzeit den Festplatz mit Hilfe von Stroh und Bohlen wenigstens teilweise begehbar gemacht. Und mit Ehrungen, Biermarken und viel Musik wird auch dieser Festball wieder ein voller Erfolg. Am Montagmorgen hat der Wettergott ein Einsehen, strahlender Sonnenschein begleitet die Schützen vom Vereinslokal Wittstamm zum Festzeit, wo unter Musikbegleitung über 20 Ehrengäste den Vogel mit ihren Schüssen .erschrecken”. Die Trophäen bleiben allerdings bei den Schützen des BSV Eigen: Krone (84. Schuss) Erwin Lißner, Zepter (113. Schuss) Reinhard Borowski, Reichsapfel (127, Schuss) Eckehard Pawlenka, linker Flügel (203. Schuss) Udo Braun und rechter Flügel (275, Schuss) Roland Schulz, die “Goldene 65” sichert sich Erich Weber.

Wie immer geht es dann um die Erbsensuppe, bevor die Königsanwärter ans Werk gehen. Gangolf Große-Wilde von der dritten und Herbert Preuthen von der vierten Kompanie liefern sich ein heißes Duell. bevor Herbert Preuthen im Jubiläumsjahr der “Vierten” auch die Königswürde erringen kann. Hildegard Langehegermann wird gemeinsam mit ihm die Eigener Schützen für zwei Jahre “regieren”. Mit der Proklamation des neuen Königspaares, der Verabschiedung der alten” Majestäten und der Königsparade gleitet der Tag in einen stimmungsvollen Krönungsball, mit dem das Fest ausklingt. Nach Meinung der “Ruhr-Nachrichten” geht hiermit ein weiteres gelungenes Fest in die Schützengeschichte Eigen ein.

1986 wird in Bottrop der “Förderberg” in Betrieb genommen. Durch diesen mit Forschungsmitteln des Bundes geförderten Schrägschacht kann der Transport der Waschberge von der Aufbereitungsanlage der Zeche Prosper II im Süden Bottrops zur Bergehalde Franz Haniel im Norden Bottrops untertägig durchgeführt werden. Umwelt und Straßen Bottrops werden erheblich entlastet.

Die Majestäten Herbert I. und Hildegard I. werden wohl gewusst haben, welches umfangreiche Programm sie zu absolvieren haben. Wollen doch alle Kompanien gleichmäßig mit Aufmerksamkeit bedacht werden. Sei es bei der Vereinsmeisterschaft, beim Rosenmontagsball – gemeinsam mit allen bei Wittstamm tagenden Vereinen, beim Spaß rund um das Osterei, bei Ausflügen, Biwaks, Manöverschießen und Kompaniefesten, bei Besuchen bei der Bundeswehr und natürlich bei den Schützenfesten der anderen Bottroper Vereine bis hin zum Bataillonsfest im Oktober, das unter Mitwirkung des Männerchores 1881, der KG Stellkeswägg mit ihren flotten Einlagen und der Kapelle “City Sound” zu einem bemerkenswerten Erfolg wurde

Wenn wir in diesem Abschnitt nicht über die Erfolge der Eigener Pistolenschützen berichtet haben, so bedeutet das nicht, dass sie erfolglos waren. Stammt doch aus dieser Zeit u.a. die Schlagzeile: Eigener Schützen “sahnen” Titel ab. Aufgezählt werden hier die Erfolge bei den Rundenwettkämpfen. Als ausgesprochen treffsicher erweist sich mit dem Luftgewehr Robert Koch. Gelingt es ihm doch – laut Zertifikat das Rheinischen Schützenbundes – mit 100 Schuss auf die Zehner-Ringscheibe 1615 Ringe zu erzielen, das soll erst einmal einer nachmachen!

Wenn dieses Festbuch die Vergangenheit des BSV Eigen beleuchtet, wird damit auch die Geschichte des Ortsschützenbundes Bottrop in das Blickfeld des Bürgers gerückt.

Hierbei sollte auch des Ehrenvorsitzenden des Ortsschützenbundes, Heinrich Schierenberg, gedacht werden. Sein Name ist mit der Geschichte des Ortsschützenbundes Bottrop engsten’s verbunden. Wenn der Schützen strammer Schritt durch Bottrops Straßen hallte, Heinrich Schierenberg war und ist immer noch dabei.

Schon früh fand Heinrich Schierenberg den Weg zu den grün-weißen Fahnen. Seine ganze Liebe gilt dem Bürgerschützenverein Bottrop-Batenbrock. Hier wurde er auch zum Vorsitzenden gewählt. Er blieb es 14 Jahre lang. Seine vielen Ehrenämter aufzuzählen, ist fast unmöglich.

Mit viel Freude gab er die wenige Zeit, die ihm für private Dinge blieb, für jagdliche Interessen her. In der Jagd sucht er Erholung und Entspannung.

Im Ortsschützenbund Bottrop hatte man schon früh sein Organisationstalent und seine Führungsqualitäten erkannt. Als der damalige 1. Vorsitzende Dr. Bernhard Limberg 1974 sein Amt niederlegte, wurde Heinrich Schierenberg zum Vorsitzenden gewählt. Er leitete 20 Jahre lang den Ortsschützenbund Bottrop bis 1994 und halt mit die Schützenfeste in Bottrop zu echten Heimatfesten werden zu lassen. Bottrops Schützenwesen zu einem einheitlichen Gebilde zusammenzufügen, war sein Anliegen, ist sein sehnlichster Wunsch.

Wenn die Schützenvereine sich als Träger des Heimatgedankens und als Hüter der Traditionen erweisen sollen, dann sind diese Merkmale in hohem Maße in der ragen- den Gestalt von Heinrich Schierenberg verkörpert. Nicht wegzudenken ist er von der Bühne unserer Heimatstadt Bottrop in den Tagen, da die Fanfaren die Schützenfeste ankündigten, unter seinem Kommando hatte er den äußeren Ablauf fest in Griff. und stets waren dies Feste unter seiner Regie mit einer Perfektion sondergleichen abgerollt.

Seine Leistung für 20jährige Vereinsführung im Ortsschützenbund Bottrop wurde 1994 mit dem Titel “Ehrenvorsitzender” honoriert.

Anlässlich der 75 Jahrfeier des Bürgerschützenvereins Bottrop-Eigen 1920 e.V. lässt es sich Heinrich Schierenberg, ein Freund des BSV Eigen, nicht nehmen, die Laudatio zum Jubiläumsfestakt am 22. August zu halten. Am Tage unseres Jubiläums wollen wir diesem verdienten Schützenbruder herzlich danken für das, was er uns und dem Ortsschützenbund Bottrop und den nachfolgenden Generationen in Wort und Tat hinterlassen hat.

Mögen ihm noch viele gesunde Jahre mit seiner Gattin und den Kindern in seiner Vaterstadt Bottrop beschieden sein! Das ist der Wunsch aller seiner Schützen und des Vorstandes des Bürgerschützenvereins Bottrop-Eigen 1920 e.V.