Anno 1959-1961

Im Sommer 1959 wird im Ruhrgebiet erstmals durch Hitze und Trockenheit das Wasser knapp; Rasensprengen und Autowaschen sind untersagt, das Saarland wird Bestandteil der Bundesrepublik und in Cuba übernimmt Fidel Castro die Macht.

Vor dem Schützenfest des Bürger-Schützen-Vereins Bottrop-Eigen Ende Juli findet im Saalbau Wittstamm das Franz-FunkeGedächtnis-Schießen statt. 200 Schützen aus den elf Bottroper Schützenvereinen sind zu dem heißen Wettkampf zu Ehren des Gründers des Ortsschützenbundes angetreten und auf Anordnung des jetzigen Vorsitzenden Bernhard Ahmann dürfen sogar erstmals die Uniformröcke abgelegt werden. Sieger wird (zum insgesamt sechsten Male) der Schützenverein Lehmkuhle Ebel, der Eigen wird mit nur 33 Ringen Rückstand fünfter. Die besten Schützen des BSV Eigen sind Wilhelm Vöck bei den Senioren (56 Ringe) und bei den Junioren Heinz Pehl (58 Ringe).

Nach dem Ausmarsch – wie immer eine Woche vorher- beginnt am Samstag, dem 25. Juli das Schützenfest. Zum ersten Mal auf dem Festplatz an den Weywiesen, bei Wittstamm ist kein ausreichender Platz mehr vorhanden. Der gut gelungene Vogel ist wie immer ausgestellt im Schaufenster des Möbelhauses Hötten an der

Gladbecker Straße, wo er auch feierlich abgeholt und zum “gemütlichen Beisammensein mit Tanz und Zapfenstreich” ins Festzelt gebracht wird. Natürlich werden auch verdiente Schützen durch Beförderungen und Ordensverleihungen geehrt. So werden u.a. Heinrich Heimann und Franz Jochheim Hauptmann, Aloys Spielkamp sen., Franz Spielkamp, Helmut Rehme und Erwin Schweiß Leutnant. Nach dem vollen Programm am Sonntag wird am Montag, 14.07 Uhr, der Bürger-Schützen-Verein Bottrop-Eigen von einem neuen Königspaar regiert. In diesem Augenblick besteigt Friseurmeister Josef Vooren nach 319 Schüssen den Thron. Als Regentin erwählt er sich die Frau seines schärfsten Thronrivalen, nämlich Irmgard Jochheim. Vorher sind die Trophäen in schneller Folge gefallen. Nach den Ehrenschüssen von OB Wilczok und Pfarrer Ulrich von Liebfrauen holen Gebhardt Kräft (23. Schuss) die Krone, Aloys Kuck (32. Schuss) das Zepter und Heinz Pehl (36. Schuss) den Apfel. Die Flügel fallen durch Felix Becker (108. Schuss) und Heinz Heimann (149. Schuss). Am Nachmittag kann die Eigener Bevölkerung das Majestäten Paar Josef I. und Irmgard I. beim Königszug bewundern, abends gibt es im Festzelt noch einmal Hochstimmung beim Krönungsball. Und die Westdeutsche Allgemeine Zeitung testiert, dass die Bürger in Eigen eine große Familie bilden.

1960 ist wieder ein Jahr der großen Ereignisse: John F. Kennedy wird Präsident der USA, Nikita Chruschtschow donnert in der UNO mit seinem Schuh auf den Tisch, Armin Harry läuft als erster Mensch die 100 m in 10,0 sec. und Heidi Brühl singt: “Wir wollen niemals auseinandergehen!” Das denkt sich auch Heribert Fortkamp und so wird in der Jahreshauptversammlung die 4. Kompanie des BSV Eigen gegründet. Schon 1959 hat Heribert Fortkamp die Gründungsphase geleitet und ist dann auch der erste Kompanieführer. 1961 übernimmt Robert Alkämper dieses Amt kommissarisch, um es 1962 an Ferdi Wittstamm zu übergeben. Der nächste Kompanieführer ist seit 1974 -und damit bis heute Dienstältester – Herbert Preuthen. Ziel der hier vereinten jungen Schützen ist nach den Nachkriegswirren nicht der Umgang mit Waffen und Uniformen, sondern die Förderung von Brauchtum, Bürgersinn und Gesellschaftsleben. Aus diesem Konzept entwickelt sich ein reges Vereinsgeschehen mit einer Vielzahl von internen und externen Veranstaltungen. Hierüber zu berichten überlassen wir getrost dem Kompanieführer.

Das zweite wichtige Ereignis des Jahres 1960 ist das 40. Stiftungsfest, das der BSV Eigen feiern kann. Wie beim Schützenfest wird drei Tage lang gefeiert. Oberst Franz Jochheim kann viele Jubilare ehren. Zu den Gratulanten zählt auch Dr. Kleffner in der Doppelfunktion als Oberstadtdirektor und Vorsitzender des ältesten Bottroper Schützenvereins, der Alten Allgemeinen. Am Montag gibt es sogar ein Königsschießen – aber für die Kinder. Innerhalb von zwei Stunden haben sie den mit Papier gefüllten

Gipsvogel von der Stange. Ganz wie die großen sind sie stolz auf ihre errungenen Trophäen, Leo Pescher holt die Krone, Otto Kahlmann das Zepter, Hans Homberger den Reichsapfel, Gisbert Schmidt und Günter Wessling die beiden Flügel. Und mit dem 350. Schuss erringt der zwölfjährige Kurt Kaczmarek die Würde des Kinderschützenkönigs. Die achtjährige Brigitte Holte wird Kinderschützenkönigin des BSV Eigen. Auch für diese Majestäten gibt es einen Festzug durch den Eigen und anschließend für etwa 250 Jungen und Mädchen Kakao und Kuchen, Brezelschlagen und Eierlaufen

Das Jahr 1961 ist aus der Sicht der Schützen des BSV Eigen sehr ruhig abgelaufen. Es wurde kein Schützenfest gefeiert und andere große Ereignisse sind auch nicht zu vermelden, wenn man davon absieht, dass das ZDF gegründet wird, der Preis für ein Liter Normalbenzin auf 58 Pf erhöht wird und Sowjetmajor Gagarin als erster Mensch die Erde in 175 bis 327 km Entfernung umrundet (kurz darauf beweist Alan B. Shepard, dass die USA das auch können). Im August baut die DDR die Mauer.