Anno 1933-1935

1933 geht in Kopenhagen die erste Fußgängerampel der Welt in Betrieb, eine Rundfahrt auf dem Baldeneysee kostet 20 Pfennig. In unserem Land übernimmt die NSDAP die Macht. Das Ende der Demokratie der Weimarer Republik beginnt mit dem Verbot aller politischen Parteien (mit einer Ausnahme) und der “Gleichschaltung” aller Vereine. Von nun an dient die Mitgliedschaft in einem Verein nicht mehr dem Privatvergnügen, sondern “Führer, Volk und Vaterland”.

Wie viele andere Städte bietet auch Bottrop “Seiner Excellenz dem Herrn Reichskanzler, Adolf Hitler, Berlin,” die Ehrenbürgerschaft an – Seine Excellenz nehmen gnädigst an.

Wie schon von anderer Seite beklagt, sind aus dieser Zeit viele Unterlagen verschwunden. Der Chronist hat dennoch herausgefunden, daß das bisher dem Jahre 1934 zugeordnete Schützenfest des Bürgerschützenvereins Bottrop-Eigen e.V. schon 1933 stattgefunden hat. Wir müssen also auch hier unsere bisherige Chronik berichtigen.

Am 12. Juli 1933 kündigt der “Bottroper Anzeiger” das 5. Schützenfest des BSV Eigen für den 22. bis 24. Juli an. Der Vorstand habe sich von dem Gedanken leiten lassen, dass nun nach einer Ruhepause von vier Jahren den Mitgliedern etwas geboten werden müsse.

Sonstige kleinere Festlichkeiten habe man immer abgelehnt, um alles für das Schützenfest zu sparen. Somit sei es möglich, daß trotz der niedrigen Vereinsbeiträge auf dem Eigen ein kleines, aber schönes Schützenfest gefeiert werden könne.

So klein ist es aber dann doch nicht geblieben, denn “Wenn auf dem Eigen gefeiert wird, dann sind alle dabei!” sagt der Bottroper Anzeiger vom 25. Juli 1933. ” An allen drei Tagen wimmelte es in der Gegend des Festzeltes nur so von Kameraden.” Alle genießen sie den traditionellen Festablauf mit Böllerschüssen am Samstagnachmittag, Konzert, Zapfenstreich und Festkommers am Samstagabend, Frühschoppen, Parade und Toten gedenken und den großen Festumzug am Sonntag.

Unter dem Jubel der begeisterten Menge setzten sich dann am Montag die Schützen in den Besitz der einzelnen Trophäen. Es schossen ab: Schütze Hertel die Krone, Majestät Fritz I. den Apfel, Schütze H. Dersen das Zepter, Hauptmann Steinmann den rechten und Regimentsadjutant Kappes den linken Flügel. Den Meisterschuss gab schließlich Karl Heeke ab und sicherte sich damit die Königswürde. Zur Königin erkor sich Karl I. die Ehefrau des Bäckermeisters Hermann Lohmann, Maria III.

Proklamation, Festzug, Parade und der Königsball beendeten das fünfte Schützenfest des Bürger-Schützenvereins Bottrop-Eigen, “das in allen Teilen einen harmonischen Verlauf nahm.”

Im Juni 1934 nimmt der BSV Eigen auch wieder am Bundesschießen teil. Allerdings nicht mehr als selbständiger Verein, denn kurz vorher ist die “Gleichschaltung der Vereine” vollzogen. Die lose Arbeitsgemeinschaft des Bottroper Schützenbundes wird durch einen Gesamtschützenverein abgelöst. Die neun bisherigen Vereine werden zu Kompanien, je drei Kompanien bilden ein Bataillon und die drei Bataillone bilden das Regiment.

“So wird auch das Schützenwesen unserer Stadt straffer zusammengefasst”.

Das Bundesschießen um den Wanderpreis der Stadt Bottrop – das wie immer vor dem Bundesschützenfest stattfindet – dauert wegen der Vielzahl der Teilnehmer sechs Tage und ist verbunden mit einem Ordensschießen. In beiden Wettkämpfen werden stehend aufgelegt mit der “Wehrmannbüchse” jeweils 3 Schuss auf die 100 Meter entfernte 12er Ringscheibe abgegeben. Der BSV Hubertus kann den Wanderpreis verteidigen vor Welheim, Lehmkuhle, Bottrop und Batenbrock. Der BSV Eigen landet auf dem vorletzten Platz, obwohl bei dem vorhergegangenen Ordensschießen hervorragende Ergebnisse erzielt worden waren. So waren zwei der vier Schützen, die die höchstmögliche Ringzahl von 36 erzielten, Eigener, nämlich Vöck und Gördes. Von den 25 Schützen, die 35 Ringe erreichten, gehörten immerhin neun dem BSV Eigen an, und zwar Schulte-Mattler, Alkämper, Ahmann, Terbort, Spielkamp, Schönfeld, Rohmann, Glöckner und Scheidgen.

(Die Vornamen sind leider nicht überliefert).

Das erste Bottroper Bundesschützenfest (7. bis 9. Juli 1934), das unter NS-Ägide durchgeführt wird, wird schon im Vorfeld zu Bottrops schönstem und größtem Heimat- und Volksfest hoch gelobt. So widmet die Bottroper Volkszeitung dem Schützenwesen und diesem Fest, das von dem neu gebildeten 1. Bataillon durchgeführt wird, in der Zeit vom 1, Mai bis zum 11. Juli allein 15 zum Teil mehrseitige Berichte, die schon aus Platzgründen in dieser Chronik keinen Platz finden, aber auch, weil der BSV Eigen als Mitglied des 3. Bataillons hierbei nur eine Statistenrolle spielt.

Bemerkenswert ist noch, dass Schalke 1934 zum ersten Mal Deutscher Fußballmeister wird und die Schützenversammlungen jetzt nicht mehr mit dem Schützengruß beginnen und enden…

1935 ist das Geburtsjahr von Elvis Presley, in der Türkei wird der Familienname eingeführt und in Deutschland erzeugt Hibernia in Gelsenkirchen zum ersten Mal Benzin aus Kohle. In allen Vereinen verschieben sich unter dem Druck der Partei mehr und mehr die Schwerpunkte und Zielsetzungen. Hauptzweck der Schützenvereine ist nun die Förderung der Schießfertigkeit und die Pflege alter Volksbräuche. Sicher sind diese Ziele in der Satzung des Bürger-Schützen-Vereins längst festgeschrieben, aber jetzt geht es eben nicht mehr nur um Sport und Geselligkeit.